Wie wir arbeiten

Unser therapeutischer Ansatz

Wir sind ausgebildete Verhaltenstherapeuten. Das wesentliche Ziel der Verhaltenstherapie ist es, Hilfe zur Selbsthilfe zu vermitteln. Im Mittelpunkt unserer Behandlung steht die Bewältigung aktueller Probleme. Nach unserem Verständnis sind bestimmte Einstellungen und Verhaltensmuster, die zur Entwicklung psychischer Beschwerden und Problemen geführt haben, erlernt und können daher auch wieder verlernt werden.

Dazu bieten wir Gespräche und eine Vielzahl von bewährten Methoden an, die zum Teil auch außerhalb der Therapiesitzungen oder als „Hausaufgaben“ durchgeführt werden, um sie wirkungsvoll darin zu unterstützen, ihre Therapieziele zu erreichen.

Die Grundhaltung unserer Arbeit besteht darin, Ihnen auf eine für Sie nachvollziehbare Art und Weise dabei zu helfen, selbstbestimmt und eigenverantwortlich eine aktive Rolle bei der Gestaltung Ihres Lebens einzunehmen.

Die Akzeptanz & Commitment Therapie (ACT)

- mehr als eine Therapieform - eine Haltung dem Leben gegenüber

Die Akzeptanz & Commitment Therapie ist eine Weiterentwicklung der Verhaltenstherapie und wurde in den letzten Jahrzehnten durch ihren Begründer, dem Professor für Psychologie Steven Hayes und vielen weiteren Kollegen erforscht und ausgebaut. Sie basiert auf verhaltensanalytischem Ansatz der Bezugs-Rahmen-Theorie und bezieht Forschungsergebnisse auf neurophysiologischer Grundlage mit ein.

Ein Konzept, das hier Einzug gefunden hat, ist das Konzept der Achtsamkeit, zu dem in den letzten Jahren immer mehr Studien eine positive Wirksamkeit auf das psychische Wohlbefinden bestätigt haben. Hierzu gibt es eine Vielzahl an Meditationen und Übungen, deren Grundlage die Weisheitstraditionen sind, allerdings in der Therapie als Techniken ohne religiösen Bezug genutzt werden.

ACT wird wie das englische Wort „ (to) act“ ausgesprochen. Das Akronym ACT beschreibt in gewisser Hinsicht auch das gesamte Modell der
Therapieform:

A = Akzeptieren von Gedanken und Gefühlen sowie präsent zu sein
C = Chancen für wertegeleitetes Handeln ausloten
T = Taten folgen lassen

Hier zeigt sich schon das zentrale Thema dieses Ansatzes: es geht ums Handeln, ums Umsetzen, um die Frage:

Wie willst du leben?
Wie willst du sein in deinem Leben?
Was ist dir von Herzen wichtig?

ACT will uns dabei unterstützen, ein sinnvolles und erfülltes Leben zu leben und dabei Schmerz zu akzeptieren, weil er zum Leben unweigerlich dazugehört, er ist Teil unserer menschlichen Existenz. Aber Schmerz wird zu Leiden, wenn er nicht als Teil des Ganzen akzeptiert wird und wir versuchen ihn zu vermeiden. Daraus entstehen laut ACT die psychischen Probleme, die unsere Lebensqualität herabsetzen können und Menschen an verschiedensten Symptomen leiden lässt.

Doch das muss nicht so sein. Mit ACT kann ein individueller „Kompass“ erarbeitet werden, der helfen kann durch das eigene Leben zu navigieren.
ACT richtet sich an den Grundwerten des Einzelnen aus, ohne unausweichliche Umstände oder Zustände vermeiden zu wollen (Akzeptanz), dafür müssen wir aber wahrnehmen was in uns vor sich geht und Vermeidungstendenzen erkennen können.

Hierfür ist vor allem eine Kernkompetenz besonders wichtig: die psychische Flexibilität. Das ist die „Fähigkeit unserem Erleben des gegenwärtigen Augenblicks mit Gewahrsein und Offenheit zu begegnen und uns in unserem Handeln von unseren Werten leiten zu lassen“ (Harris, R., 2011 und 2020).

Der Psychotherapeut und ACT-Trainer Russ Harris beschreibt es so: „Je mehr wir in der Lage sind, vollkommen bewusst zu sein, unseren Erfahrungen mit Offenheit zu begegnen und im Einklang mit unseren Werten zu handeln, desto höher wird unsere Lebensqualitätsein, da wir mit den Problemen und Herausforderungen, die das Leben unweigerlich mit sich bringt, weitaus effektiver umgehen können“.

Und um diese psychische Flexibilität ordnet ACT bestimmte andere Themen an, mit denen wir uns gemeinsam in der Therapie beschäftigen, das gesamte Modell nennt man dann Hexaflex-Modell. Dieses Modell wird oft als Diamant mit sechs Facetten beschrieben. Psychische Flexibilität ist dabei selbst der Diamant. Die Facetten des Diamants sind folgende therapeutische Kernprozesse:

Kontakt mit dem jetzigen Moment,
kognitive Defusion,
Akzeptanz,
Selbst als Kontext,
Werte und
engagiertes/ verantwortliches Handeln (Commitment).

Genauer erklärt bedeuten die Kernprozesse:

Kontakt mit dem jetzigen Moment (Im Hier und Jetzt sein):

Dies bedeutet psychisch präsent zu sein. Was auch immer passiert, dies anzunehmen und sich darauf einzulassen.

Das ist für uns Menschen nicht einfach: Wir alle wissen nur zu gut wie schnell wir uns von Gedanken ablenken lassen oder uns darin verstricken. Damit verlieren wir aber auch den Kontakt zur Welt um uns herum.

Gedanken beschäftigen sich immer mit einer Vergangenheit oder einer Zukunft. Auf beides haben wir keinen Einfluss: die eine ist schon geschehen, die andere wird erst eintreten und ob sie dann so eintritt wie wir uns das denken (egal ob sorgen- oder hoffnungsvoll), das wissen wir nicht.

Oft lassen wir uns „im Autopilot treiben“ und bekommen gar nicht mit, was alles sonst in uns und um uns herum geschieht.

Im Hier und Jetzt zu sein bedeutet die Welt um uns und/ oder in uns bewusst wahrzunehmen, uns dessen gewahr zu sein und den Autopilotenmodus zu verlassen.

Defusion (Gedanken beobachten):

Wenn wir in unseren Gedanken „hängen“, sprechen wir in der Therapie oft davon, dass wir mit unseren Gedanken fusioniert sind. Wir denken, dass unsere Gedanken der Wahrheit entsprechen. Wir vergessen dabei, dass wir nicht unsere mentalen Aktivitäten sind und sich diese nur „zwischen unseren Ohren“  und im Inneren des Körpers abspielen.

Defusion bedeutet zu lernen „einen Schritt zurückzutreten“ und sich von den mentalen Aktivitäten (Gedanken, Emotionen, Bildern, Vorstellungen, Erinnerungen etc) zu lösen. Wir lernen sie zu beobachten, sie kommen und gehen zu lassen und sie als das wahrzunehmen, was sie sind: Worte oder Bilder, nicht mehr und nicht weniger. Wir sind nicht unsere Gedanken/ Gefühle, wir haben sie.

Akzeptanz (Sich öffnen):

Akzeptanz bedeutet sich den schmerzlichen Empfindungen, Gefühlen, Gedanken etc zu öffnen und ihnen Raum zu geben und da sein zu lassen. Es bedeutet den Kampf gegen sie aufzugeben, nicht mehr davonzulaufen, uns nicht mehr überwältigen zu lassen.

Das heißt nicht, dass wir sie mögen sollen oder haben wollen. Es heißt nur, dass wir ihnen Raum geben, weil sie sowieso da sind.

 

Selbst als Kontext (Das beobachtende Selbst oder Gewahrsein):

In der Therapie sprechen wir eher vom „beobachtenden Selbst“ als vom Selbst als Kontext. Das ist der Aspekt in uns, der sich unserer Gedanken, Gefühle, Empfindungen oder Handlungen in jedem einzelnen Moment gewahr ist. Manchmal wird das auch als  „Gewahrsein“ bezeichnet.

Im Laufe unseres Lebens ändert sich unser Körper, unsere Gedanken, unsere Rollen, die wir einnehmen im Leben, aber das „Du“, das all dies wahrnehmen kann, das ändert sich nie.

Werte (Wissen, was wichtig ist):

Wie willst du sein in deinem Leben? Wofür willst du dich einsetzen oder eintreten? Oder auch: Wie willst du die Zeit deines Lebens nutzen, die dir auf der Welt geschenkt wurde? Was ist dir von Herzen wichtig?

Werte beschreiben hier eher einen Kompass als einen fixen Endpunkt oder ein Ziel, eher eine Richtung, in die wir uns bewegen können. So wie sich Seefahrer früher zwar an Sternen orientiert haben, aber nicht zu den Sternen segeln wollten.

Engagiertes/ Verantwortliches Handeln (Tun, was wichtig ist):

Es ist zwar schön, wenn wir um unsere Werte wissen, aber ein gutes Leben leben wir letztendlich nur, wenn wir werteorientiert handeln. Man könnte auch sagen: wenn wir nur auf unseren Kompass starren, dann werden wir nirgends hinkommen. Wir müssen uns schon bewegen.

Und ja, wenn wir nach unseren Werten leben, wird das unweigerlich Gedanken und Gefühle mit sich bringen – und die können angenehm aber auch unangenehm sein, sie können uns erfreuen oder sehr schmerzvoll sein. Ein werteorientiertes Handeln heißt also auch: Tun, was wichtig ist, auch wenn es schmerzvoll und unangenehm ist. Und die Erfahrung zeigt: Menschen, die lernen nach ihren Werten zu leben, sind zufriedener.

Für uns und die meisten ACT-Therapeuten ist ACT mehr als eine Therapieform. ACT ist eine innere Haltung, eine Einstellung dem Leben gegenüber.

Einem Leben, das sehr herausfordernd sein kann und uns manchmal mit eisigem Wind entgegen bläst. Manchmal werden wir enttäuscht, manchmal läuft es nicht so wie wir es wollen. Wir können nicht alles kontrollieren, das ist eine Illusion. Aber wir können sicherstellen, dass wir uns selbst auf dem Weg des Lebens nicht verlieren.

Studien zeigen es uns ganz klar: Menschen, die lernen eine akzeptierende, wohlwollende und achtsame Haltung einzunehmen, empfinden mehr psychisches Wohlbefinden unabhängig von den Umständen und Geschehnissen (beschrieben in Siegel, D. 2020; Jha, A. 2021).

Literatur: Harris, R. (2020): ACT leicht gemacht – ein grundlegender Leitfaden für die Akzeptanz – und Commitment – Therapie. 2. überarbeitete Auflage. 1. Auflage 2011.Freiburg: arbor Luoma, J; Hayes S.; Walser R. (2008): ACT-Training Handbuch. Ein Lernprogramm in 10 Schritten. Paderborn: Junfermann Verlag Siegel, D. (2020): Gewahrsein, was es heißt präsent zu sein. Die Grundlagen einer wissenschaftlich fundierten Meditationspraxis. Freiburg: arbor Jha, A. (2021): Peak Mind: 12 minutes a day to find your focus, meet the challenge, and be fully present when it matters most. London: Little, Brown book group